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Einweg-OP-Mäntel: Weniger postoperative Wundinfektionen bei risikoreichen Eingriffen

Die Wahl des richtigen OP-Mantels für jede Art von chirurgischen Eingriffen ist schwerer als man denkt. Viele verschiedene Aspekte wie die Anforderungen an die Hygiene, der Tragekomfort und auch die Kosteneffizienz spielen hierbei eine Rolle. Wie kürzlich veröffentlichte Studien zeigen, sind Einweg-Operationsmäntel oft die beste Wahl und bieten am meisten Schutz bei risikoreichen Operationen.

Täglich leiden 80.000 Patient:innen in europäischen Krankenhäusern an einer nosokomialen Infektion1. Das ist einer von 18 Patienten. 20 Prozent der nosokomialen Infektionen sind in Folge einer Operation entstanden (SSI). Denn gerade bei chirurgischen Eingriffen liegen Gewebe frei, die sonst durch die Haut geschützt sind. Offene Wunden sind geradezu Eintrittspforten für krankmachende Keime. Gezielten Hygiene- und Kontrollmaßnahmen sollen Infektionen vor, während oder nach der OP möglichst verhindern. So sind die Krankenhaus-Mitarbeiter trainiert strenge Hygienemaßnahmen einzuhalten. Aber auch in den organisatorischen Abläufen steckt viel Potenzial, ebenso wie in speziellen Produkten zum Schutz von Patient:innen und Personal zugleich. OP-Mäntel etwa bilden eine wirksame Barriere: Sie schützen nicht nur die Patient:innen, sondern auch das medizinische Personal vor Erregern.

Schaut man in nationale Empfehlungen und Richtlinien, spielt es für die Infektionsprävention keine Rolle, ob man Einweg- oder Mehrweg-OP-Mäntel nutzt 2. Auch der europäische Standard für Operationsmäntel (EN 13795) gilt sowohl für die einfach als auch die mehrfach verwendbaren Mäntel. In anderen Worten, wenn es nach den Standards geht, beugen Einweg- und Mehrweg-OP-Mäntel Infektionen gleich wirksam vor.

Vom einfachen Baumwollgewebe bis hin zu High-Tech-Stoffen

Doch das war nicht immer so: Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wurden OP-Mäntel aus einfacher, relativ lockerer Baumwolle gewoben. Um die Bakteriendurchlässigkeit und somit die Anzahl an Infektionen zu verringern, wurden die Anforderungen an OP-Mäntel stetig erhöht. Heutzutage bestehen die Mäntel aus flüssigkeitsabweisenden und atmungsaktiven Materialien mit Barrierefunktion. Sie bieten ein hohes Maß an Schutz – bei gleichzeitigem Tragekomfort – während einer Operation.

Die Materialien, die für mehrfach und einfach verwendbare OP-Mäntel verwendet werden, müssen strenge Kriterien erfüllen. So ist es zum Beispiel wichtig, alle Mängel zu vermeiden, die die Barrierefunktion des Materials einschränken und somit das Risiko für Infektionen erhöhen können. Einweg-Operationsmäntel sind stets neu und minimieren den Übergang von infektiösem Material bei direktem Kontakt zwischen Operationsteam und Operationswunde. Wiederverwendbare Mäntel hingegen müssen regelmäßig auf mögliche Mängel untersucht werden, da die Qualität unter häufiger Nutzung leiden kann3. Auch wenn die beiden Mäntel-Varianten gemäß EN 13795 (Teil 1 und Teil 2) – in Hinblick auf die Prävention von postoperativen Wundinfektionen – gleichwertig sind, wird diesbezüglich noch viel geforscht.

Studien zeigen: Einweg-Operationsmäntel verringern das Risiko postoperativer Wundinfektionen

Mislav Nedi und sein Team von der Universität Zagreb, ist eine von vielen Forschungsgruppen, die untersuchen, ob einfach oder mehrfach verwendbare Mäntel besser vor Infektionen schützen4 . Konkret analysierten sie in randomisierten Studien, welche Variante von OP-Mänteln bei kardiologischen Operationen besser vor Infektionen schützt. Dazu wurden die Patient:innen zufällig in Gruppen eingeteilt. In einer Gruppe trugen die Chirurg:innen wiederverwendbare Mäntel, die andere Gruppe Einweg-OP-Mäntel. In den ersten sechs Wochen nach der Operation wurde dann untersucht, ob die Patient:innen an Infektionen wie Sepsis, Pneumonie, Entzündungen des Harntrakts oder Wundinfektionen erkrankten. Mehr als die Hälfte der Patient:innen mit postoperativen Infektionen hatten koronare Bypässe erhalten, etwa ein Drittel waren an der Herzklappe operiert worden. Das Resultat der Studie: Es gab fast 68 Prozent weniger Infektionen in der Gruppe, in der die Chirurg:innen Einweg-OP-Mäntel trugen. Aufgrund dieser Ergebnisse empfehlen die Forscher bei chirurgischen Eingriffen durchaus Einweg-OP-Mäntel zu verwenden.

Eine Reihe neuerer Studien unterstreicht diese Ergebnisse. Sie zeigen, dass die Verwendung von Einweg-OP-Mänteln und Einweg-OP-Abdeckungen mit einer geringeren Infektionsrate verbunden ist, als bei wiederverwendbaren Produkten. Untersucht wurde dies bei Operationen mit hohem Infektionsrisiko, insbesondere in der Herzchirurgie, bei der Implantat-gestützten Brustrekonstruktion5 und bei chirurgischen Eingriffen mit Implantaten wie der Totalendoprothetik.67

Benutzerkomfort und Handhabung sind die Schlüsselfaktoren

Wer jeden Tag mehrere Stunden im OP steht, hat jedoch weiter gehende Anforderungen an das Material des Mantels. Neben der Infektionsprävention legt OP-Personal großen Wert auf Kriterien wie Tragekomfort und Hautverträglichkeit. Tatsächlich kann die Konzentration des medizinischen Personals während der Operation durch störende, unangenehme oder bewegungseinschränkende OP-Kleidung beeinträchtigt werden.

Um auch diese Aspekte zu untersuchen, wertete Melanie Prenner, Mitarbeiterin an der Donau-Universität Krems, 42 Fragebögen aus, die an OP-Pflegepersonal, OP-Assistent:innen und Anästhesie-Pflegepersonal einer Klinik in Wien geschickt wurden. Die Ergebnisse waren eindeutig: Ganze 95 Prozent der Teilnehmer:innen gaben an, dass “bequeme OP-Kleidung die Qualität ihrer Arbeit beeinflusst". Anschließend analysierte Prenner, wie zufrieden die Teilnehmer:innen mit Einweg- und Mehrweg-OP-Mänteln und -Abdeckungen waren. Hier bevorzugten mehr als 70 Prozent der Teilnehmer:innen Einweg-OP-Mäntel. Zudem wurden wiederverwendbare Mäntel viel häufiger für allergische Reaktionen der Haut verantwortlich gemacht als Einweg-OP-Mäntel (31 Prozent im Vergleich zu 2 Prozent)8.

Eine Umfrage der TU Dresden in 865 Kliniken lieferte ähnliche Ergebnisse9: Die Hauptgründe für die Verwendung von Einweg-OP-Mänteln waren Sicherheit (66 Prozent) und einfache Handhabung (48 Prozent), während Mehrweg-Mäntel aus Komfort- (68 Prozent) und ökologischen Gründen (53 Prozent) präferiert wurden. Eine weitere Umfrage, die 2011 in Österreich unter Klinik- und Verwaltungspersonal durchgeführt wurde ergab, dass 60 Prozent der Ärzt:innen und Pfleger:innen lieber Einweg-OP-Materialien für Operationen mit erhöhtem Infektionsrisiko verwenden. So bevorzugten die Befragten Einweg-Operationsmäntel vor allem bei orthopädischen Eingriffen (32 Prozent), allgemeinen, abdominalen und endoskopischen Eingriffen (21 Prozent) sowie bei gynäkologischen Operationen (16 Prozent) und Kaiserschnitten (15 Prozent)10.

Die Qualität entscheidet

Da die Verantwortlichen in den Krankenhäusern selbstständig entscheiden können, ob sie Mehrweg- oder Einweg-Mäntel nutzen, sind solche Forschungsergebnisse für sie sehr nützlich. Entscheidungsträger:innen sollten die Leistung der in ihrer medizinischen Einrichtung getragenen OP-Produkte deshalb routinemäßig überprüfen. Sie müssen vor allem sicherstellen, dass die OP-Kleidung immer noch undurchdringlich für Flüssigkeiten ist und nur wenige Partikel freisetzt. Zusätzlich zu den zentralen Anforderungen an die Infektionsprävention und Hygiene sollte die Rolle des Mantels während jeder Operation neu definiert und der passende Mantel entsprechend ausgewählt werden. Außerdem spielen Tragekomfort, Kosteneffizienz und ökologischer Lebenszyklus bei der Entscheidung eine wichtige Rolle.11

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass noch endgültige Nachweise dafür benötigt werden, welche Art von OP-Mantel zu empfehlen ist. Auch wenn unterschiedliche Analysen den einen oder anderen Manteltyp begünstigen, sollte der Fokus immer auf dem Hauptzweck der OP-Kleidung liegen: der Verringerung von postoperativen Wundinfektionen.

WEITERE INFORMATIONEN

  1. SURVEILLANCE REPORT Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012, ECDC
  2. Prävention postoperativer Wundinfektionen, Robert Koch Institut
  3. ROUND TABLE WUNDINFEKTIONEN NACH OPERATIONEN: Welche Maßnahmen-Bündel sind wirksam?, Initiative „Sicherheit im OP“
  4. Utilization of single-use gowns reduces the incidence of postoperative infections, Mislav Nedi? et al., Journal of Cardiothoracic Surgery
  5. The effect of reusable versus disposable draping material on infection rates in implant-based breast reconstruction: a prospective randomized trial, Showalter BM et al., Annals of plastic surgery
  6. Perioperative Skin Preparation and Draping in Modern Total Joint Arthroplasty: Current Evidence., Markatos K et al., Surgical Infections
  7. Glove and gown effects on intraoperative bacterial contamination., Ward WG Sr et al., Annals of surgery
  8. Aktuelle Umfrage: OP-Personal mit Einweg-OP-Abdeckungen und -Mänteln deutlich zufriedener als mit Mehrweg-Systemen, APA-OTS
  9. Ist-Stand der Versorgung mit Operations-Textilien in deutschen Krankenhäusern, Edeltraud Günther et al., TU Dresden
  10. Die Rolle von OP-Abdeckungen und -Mänteln in der Prophylaxe Operationsbezogener Infektionen, Initiative Sicherheit im OP
  11. SIOP-Publikationen, Initiative Sicherheit im OP
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