Hygienische Händedesinfektion – Die richtige Einreibetechnik und ihre Überprüfung
Das Einreiben der Hände ohne Benetzungslücken ist für den Erfolg der hygienischen Händedesinfektion essenziell. Dieser Film führt vor,... weiterlesen
Expert:innen diskutieren immer wieder, welche Anwendungsmenge und welche Einwirkzeit von Händedesinfektionsmitteln für die hygienische Händedesinfektion empfehlenswert sind. Laut einer Studie ist vor allem die Einreibedauer entscheidend für die Wirksamkeit. Die Größe der Hände oder die genutzte Menge sind dagegen weniger ausschlaggebend.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer Händehygiene-Richtlinie von 2009 dazu aufgerufen, die Methoden zur Bewertung der Wirksamkeit alkoholischer Händedesinfektionsmittel zu verbessern: Sie sollen die Anwendung in der Praxis stärker berücksichtigen – mit kurzen Einwirkzeiten und kleinen Volumina. Deswegen diskutieren Expert:innen immer wieder darüber, was die ideale Anwendungsmenge ist – z. B. eine Handvoll – oder wie lange die benötigte minimale Einwirkzeit ist – etwa 15 oder 30 Sekunden.
Verschiedene aktuelle Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Größe der Hände und die Produkt-Trocknungszeit (Einreibezeit, bis die Hände trocken sind) wichtige Paramater sind, jedoch ist deren Einfluss auf die Wirksamkeit bislang unklar. Eine grundlegende Limitierung in diesen Studien ist die Tatsache, dass die Prüfmethode für die hygienische Händedesinfektion EN 1500 verlangt, dass das Prüfprodukt für eine gewisse Zeit eingerieben werden muss und danach sofort die Beprobung stattfindet, so dass die Hände zu dieser Zeit oft noch nass sind. Diese Prüfmethode bildet damit die klinische Praxis unzureichend ab und der Einfluss der Produkt-Trocknungszeit auf die Wirksamkeit kann nicht adäquat eingeschätzt werden.
Eine Forschergruppe um Ass.-Prof. Miranda Suchomel vom Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie der Medizinischen Universität Wien in Österreich, hat deshalb für ihre Studie die EN 1500 Prüfmethode etwas modifiziert: Das Testprodukt wurde eingerieben, bis die Hände trocken waren.
Die Wissenschaftler:innen wählten ihre 15-köpfige Testgruppe so aus, dass je fünf Personen „kleine“, „mittelgroße“ oder „große“ Hände hatten. Als „kleine“ Hände definierten die Forscher:innen Hände mit einer Oberfläche von weniger als 375 cm², zu der Kategorie „mittelgroß“ zählten Hände mit 375 bis 424 cm² Oberfläche und „große“ Hände waren größer als 424 cm². Die Testpersonen rieben sich in drei aufeinanderfolgenden Testreihen jeweils 1, 2 oder 3 Milliliter (ml) Propan-2-ol (60%) in die mit Escherichia coli kontaminierten Hände ein, bis sie trocken waren.
Die Forscher:innen stoppten die jeweilige Trocknungszeit für jede teilnehmende Person. Danach setzten sie die nach der EN 1500-Methode ermittelten Wirksamkeitsdaten in der Auswertung zunächst mit der Einreibezeit und dem getesteten Volumen in Bezug. In einem zweiten Schritt untersuchten die Wissenschaftler:innen, inwiefern die Handgröße einen Effekt auf die Trocknungszeit bzw. die Wirksamkeit hat.
Die Auswertung der Gruppe um Suchomel ergab, dass die Trocknungszeit den größten Einfluss auf die Wirksamkeit des geprüften Alkohols hat: Pro zehn Sekunden zusätzlicher Einreibezeit ist laut der Studienautoren eine zusätzliche Bakterien-Reduktion von 0,29 log10 zu verzeichnen.
![]() |
log10-StufenDie Keimreduktion wird häufig in log-Stufen angegeben. Eine log10-Stufe bedeutet eine Verminderung der Keimanzahl um 90 %. Von der Ursprungspopulation (100 %) haben nur 10 % überlebt. Eine log-Stufe beschreibt die Reduktion um jeweils eine Zehnerpotenz. |
Weitere Faktoren sind die Menge des eingesetzten Alkohols und die Größe der Hände, welche jedoch nicht entscheidend sind.
Ein weiteres und überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass die Größe der Hände nicht der alleinige Einflussfaktor für die Dauer der Trocknungszeit zu sein scheint. Andere Parameter, wie vielleicht Hautfeuchte, Hautrauhigkeit und Dichte des Haarbewuchses, scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen.
Die Einreibezeit ist entscheidend für die Wirksamkeit von alkoholischen Händedesinfektionsmitteln, während die Größe der Hände oder ein festgelegtes Volumen keine entscheidenden Kriterien darstellen. In einem praktischen Beispiel gesprochen: 2 ml auf kleinen Händen können wirksamer sein als 3 ml auf großen Händen. Die Ergebnisse bedeuten auch, dass eine adäquate und wirksame Dosis Händedesinfektionsmittel sehr individuell ist.
Die Studienautor:innen kommen zu dem Schluss, dass die Einreibezeit bis zur Trocknung (Kontaktzeit) der bestimmende Faktor für Anwendungsempfehlungen bei Händedesinfektionsmitteln sein sollte. Es bleibt zu untersuchen, welches die optimale Empfehlung für eine Einreibezeit wäre. Diese sollte ausbalanciert sein zwischen den Wirksamkeitsanforderungen und der Anwenderakzeptanz, um den Arbeitsablauf in der Patientenbehandlung möglichst wenig zu stören.
Weitere Informationen