Infektionsprävention braucht die Mithilfe von Patienten und medizinischem Personal
Mehr als 500 Originalarbeiten, über 300 Buchbeiträge und aktuell 54 Patente – diese Zahlen stehen für den Forschungsgeist... weiterlesen
Coronaviren sind kranzförmige, behüllte RNA-Viren aus der Familie der Coronaviridae. Neben vier humanpathogenen Coronaviren, die leichtere respiratorische Infektionen verursachen, sind inzwischen drei zoonotische Erreger bekannt, die vom Tier auf den Menschen übertragen wurden, und schwere Pneumonien bei den Patienten auslösen können. Zum Jahreswechsel 2019/2020 wurde das neueste zoonotische Coronavirus (SARS-CoV-2 und anfangs 2019-nCoV genannt) bei mehreren Patienten in Wuhan, China entdeckt. Seither steigt die Zahl der Erkrankten in China, Italien, Deutschland bzw. weltweit. Die aktuellen Fallzahlen sind auf der Website der Weltgesundheitsorganisation WHO abrufbar.
Bereits in der Vergangenheit haben zwei Coronavirus-Ausbrüche für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt: Ein charakteristisches Merkmal des SARS-CoV (Auslöser des Severe Acute Respiratory Syndrome) vom Frühjahr 2003 war der hohe Anteil medizinischen Personals an den Erkrankten. SARS-CoV ist seit 2004 jedoch nicht mehr im Menschen nachgewiesen worden. MERS-CoV (Auslöser des Middle East Respiratory Syndrome) zirkuliert seit 2012 hauptsächlich auf der Arabischen Halbinsel. SARS-CoV-2, SARS und MERS gehören alle drei zur Gruppe der ß-Coronaviren.
Das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) ist von Mensch zu Mensch übertragbar. Die bisher vorliegenden Informationen zur Epidemiologie des SARS-CoV-2 zeigen laut Robert-Koch-Institut, dass eine Übertragung bei engem (z.B. häuslichem oder pflegerischem) Kontakt zwischen Menschen möglich ist. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann die Infektion über Tröpfchen und Kontakt, z.B. mit Körpersekreten und Ausscheidungen, erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass die Übertragung – wie bei anderen Coronaviren auch – primär über Exkrete bzw. Sekrete des Respirationstraktes erfolgt (Tröpfcheninfektion). Diese entstehen z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen, aber auch bei medizinischen Interventionen (endotracheale Intubation, Absaugen aus den Atemwegen etc.). Es wurden auch Fälle bekannt, in denen sich Personen bei Betroffenen angesteckt haben, die nur unspezifische Symptome gezeigt hatten.
Die Übertragung des SARS-Erregers auf andere Personen erfolgte meist im Laufe der zweiten Krankheitswoche. Auch bei MERS ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich. Die Erkrankungs- bzw. Infektionsrate bei Haushaltskontakten von Primärfällen wird als niedrig beschrieben. In Krankenhäusern haben sich jedoch schon mehrere, zum Teil große Ausbrüche ereignet.
Wie andere respiratorische Erreger kann eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu Symptomen wie Husten, Schnupfen, Halskratzen und Fieber führen, einige Betroffene leiden auch an Durchfall. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem scheint das Virus jedoch mit einem schwereren Verlauf einherzugehen und zu Atemproblemen und Lungenentzündung zu führen. Todesfälle traten bisher vor allem bei Patienten auf, die älter waren und/oder zuvor an chronischen Grunderkrankungen litten. Auch SARS und MERS sind Coronaviren, die schwere Atemwegserkrankungen bis hin zu Pneumonien bei den Infizierten auslösen können.
Die Inkubationszeit bei SARS-CoV-2 ist bislang nicht sicher bekannt, wird aber auf bis zu 14 Tage geschätzt, bei SARS lag die Inkubationszeit bei 1-2 Wochen, bei MERS 2-10 Tage. Viele Eigenschaften des neuartigen Coronavirus sind momentan noch nicht bekannt. Dazu gehören zum Beispiel der Zeitraum der höchsten Ansteckungsfähigkeit (Infektiosität), wie schwer die Krankheit verläuft oder über welchen Zeitraum Erkrankte Viren ausscheiden bzw. noch infektiös sind.
Aus den bisher bekannten Daten und Erfahrungen mit anderen Coronaviren lehnen sich Hygienemaßnahmen in bestätigen Fällen einer Infektion mit SARS-CoV-2 an das Vorgehen bei SARS und MERS an, wie sie auch in der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten“ dargestellt sind. Die aktuellen Daten zur Virusätiologie und Übertragungswege legen darüber hinaus die Berücksichtigung von Erfahrungen mit der Influenza nahe.
Diese zusätzlichen Maßnahmen beinhalten gemäß KRINKO-Empfehlung eine Unterbringung des Patienten in einem Isolierzimmer mit eigener Nasszelle. Der Kreis der Kontaktpersonen sollte möglichst begrenzt werden. Beim Betreten des Patientenzimmers sollte das Krankenhauspersonal eine persönliche Schutzausrüstung tragen, bestehend aus Schutzkittel, Einmalhandschuhen und direkt anliegendem mehrlagigen Mund-Nasen-Schutz (Schutzstufe FFP2; FFP3 oder Respirator insbesondere bei ausgeprägter Exposition, z.B. Bronchoskopie oder bei anderen Tätigkeiten, bei denen große Mengen Aerosole entstehen können) sowie einer Schutzbrille und langärmeliger, wasserdichter Einwegschürze bei entsprechenden pflegerischen, diagnostischen oder therapeutischen Tätigkeiten am Patienten. Darüber hinaus sollte (laut TRBA 250) bei Tätigkeiten, die direkt am Patienten oder in dessen Nähe ausgeführt werden, der Patient ebenfalls einen Mund-Nasenschutz tragen, insbesondere wenn die Beschäftigten dabei Hustenstößen der Patienten ausgesetzt sein können.
Sofern in den Patientenräumen eine raumlufttechnische Anlage betrieben wird, über die eine Verbreitung von Luft auf andere Räume möglich ist, ist diese abzustellen.
Händedesinfektion sollte mit einem Desinfektionsmittel mit nachgewiesener, mindestens begrenzt viruzider Wirksamkeit erfolgen. Die Durchführung erfolgt nach den bekannten Indikationen für Händedesinfektion auch in Verbindung mit dem Handschuhwechsel gemäß den 5 Momenten der Händehygiene und vor Verlassen der Schleuse.
Patientennahe (Handkontakt-) Flächen (z.B. Nachttisch, Nassbereich, Türgriffe) müssen täglich mit einem Flächendesinfektionsmittel mit nachgewiesener, mindestens begrenzt viruzider Wirksamkeit desinfiziert werden. Bei Bedarf sind die Desinfektionsmaßnahmen auf weitere kontaminationsgefährdete bzw. kontaminierte Flächen auszudehnen. Die Schlussdesinfektion erfolgt mit mindestens begrenzt viruziden Produkten.
Zudem sollten alle Medizinprodukte mit direktem Kontakt zum Patienten (z.B. EKG-Elektroden, Stethoskope usw.) nur patientenbezogen verwendet und nach Gebrauch desinfiziert werden. Bei Transport in einem geschlossenen, außen desinfizierten Behälter ist eine zentrale Aufbereitung möglich. Thermische Desinfektionsverfahren sollten wann immer möglich bevorzugt angewendet werden. Ist dies nicht möglich, sollen Desinfektionsmittel mit nachgewiesener, mindestens begrenzt viruzider Wirksamkeit genutzt werden.
Für das Bett und die Matratze des Patienten sollten wischdesinfizierbare Überzüge verwendet werden. Vom Patienten verwendetes Geschirr kann in einem abgeschlossenen Behältnis zur Spülmaschine transportiert und darin mit einer Temperatur > 60°C gereinigt werden. Wäsche bzw. Textilien können einem desinfizierenden Wäschedesinfektionsverfahren gemäß RKI-Liste zugeführt werden. Zudem sollte die Entsorgung von kontaminierten Abfällen nach Abfallschlüssel 180103 gemäß Richtlinie der LAGA erfolgen.
Laut einer Studie der Universitäten Greifswald und Bochum kann das neuartige Coronavirus auf unbelebten Oberflächen wie Metall, Glas oder Kunststoff bis zu 9 Tagen überleben.
Andere Coronaviren zeigen eine Überlebensdauer von 3 Stunden, SARS zwischen 72 und 96 Stunden.
Das benötigte Wirkspektrum gegen Coronaviren ist: begrenzt viruzid. Mittel mit erweitertem Wirkbereich gegen Viren wie „begrenzt viruzid PLUS” oder “viruzid” können ebenfalls verwendet werden.
Ausführlichere Informationen und letzte Entwicklungen finden Sie unter:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html
https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019
https://www.ecdc.europa.eu/en/novel-coronavirus-china